Selbstdarstellung:
Um mein Geburtsdatum brauche ich keinen geheimnisvollen Schleier zu
legen. Man kann es allenthalben nachlesen: Wien, 10. März 1899. Meine
Mutter sagte des öfteren, wenn wieder einmal etwas schief gegangen war:
"Ja, Du bist eben am ,Schmerzhaften Freitag' geboren, am Tag der 40
Märtyrer!". Nun, es stimmte auffallend mit dem "Schmerzhaften Freitag",
denn Leiden und Schmerzen aller Art haben mich als treue Weggenossen
stets begleitet.
Meine Ausbildung in Komposition von 1912-17 leitete der Direktor des
Steiermärkischen Musikvereins in Graz, Roderich von Mojsisovics. Die
künstlerische Reifeprüfung in Komposition, mit Auszeichnung in allen
Fächern, beschloss 1917 mein Studium in Graz.
Ich gab ab 1919 Klavierabende und nach dem großen Erfolg 1921 in der
Berliner Singakademie - (Uraufführung meiner "Japanischen Lieder" durch
den "Anbruch") - in verschiedenen deutschen und österreichischen Städten
Kompositionsabende. Die "Japanischen Lieder" waren ein Wendepunkt
insofern, als die Komposition mein Hauptberuf wurde und auch seither
immer geblieben ist.
1926-31 führte mich der Wille zu einem erneuten, sehr ernsthaften
Kompositionsstudium zu Franz Schreker, dem damaligen Direktor der
Berliner Musikhochschule. Bei meinem verehrten Lehrer Schreker wurde ich
u. a. besonders zu einem erhöhten Verantwortungsgefühl gegenüber jeder
geschriebenen Note erzogen. Ich lernte „ vernichten", ich lernte, dass
es wichtiger ist, wegzuwerfen als stehen zu lassen.
Die Selbsteinschätzung der schöpferischen Persönlichkeit - ihre Stärke
und ihre Potenz -bedürfen anschließend einer rücksichtslosen
Selbstkritik. Aus dieser Zeit stammt meine Gewohnheit, bei jedem Stück
genau zu prüfen, ob ich es zum augenblicklichen Zeitpunkt besser machen
könnte. Erst bei absoluter Gewissheit, den mir momentan möglichen
Entwicklungspunkt erreicht zu haben, wird das neue Opus aus dem
Kreislauf des Gesamtorganismus entlassen.
In den meisten und, ich möchte sagen, in entscheidenden Fällen kommt aus
der Vision, aus dem Bild die Musik. Sie führt an ihrer Hand die
jeweilige Technik. So verschieden wie die Bilder, die mich heimsuchen
und erst verlassen, wenn das Werk geschrieben ist, so verschieden sind
die Techniken. Es wäre mir auch unmöglich, einer mir vorgesetzten
Technik hörig zu sein und mich ihr auf Lebenszeit zu verschreiben.
Der österreichische Bundespräsident ernannte mich mit Entschließung vom
26. April 1958 zum Professor. Es ist dies das erste Mal, dass ein
weiblicher Komponist ausschließlich auf Grund seiner Werke den
Ehrentitel erhält. Die österreichische Regierung stützte sich dabei auf
ein österreichisches Fachgutachten. Als Werke von mir von Wien
angefordert wurden, sandte ich insgesamt 12 Werke, u. zw. 4
Orchesterpartituren und 8 Kammermusikwerke an den Präs. der Akademie für
Musik Wien, wo sie ein Vierteljahr zur Prüfung benötigt wurden. Offenbar
war das abgegebene Fachgutachten positiv, denn meine Angelegenheit kam
anschließend vor den Ministerrat und führte weiterhin zur Ernennung
durch den österreichischen Bundespräsidenten.
Somit habe ich den augenblicklichen Stand der Dinge aufgezeigt. Von
meinen Werken habe ich nichts erzählt, sie sollen für sich selbst
sprechen. Ich werde meinen Weg, den ich sowieso in einem schwierigen
Alleingang bestehen muss, weiter gehen und versuchen, den Kontakt mit
dem Publikum nie aufs Spiel zu setzen und dadurch zu verlieren. Denn
oberstes Gesetz für den produktiven Künstler muss wohl sein, das
Publikum nicht nur vor Probleme zu stellen, sondern zu versuchen, es
auch zu beglücken.
|