Musikalische Dokumentation

Grete von Zieritz

Konzert-Gespräch-Ausstellung

Wien 2001, 32 S., Ill., Notenbeisp.

 

Inhalt

Seite

   

Programmfolge des Konzertabends

5

Grete von Zieritz: Über Komposition

7

Grete von Zieritz: Über mich

7

Rita Aigner: Grete von Zieritz

9

Grete von Zieritz – Werkverzeichnis

13

Literatur von und über Grete von Zieritz

23

Werke von Grete von Zieritz auf Tonträgern

24

Die Ausstellung [Bearb.: Liselotte Theiner]

26

 

Selbstdarstellung:

Um mein Geburtsdatum brauche ich keinen geheimnisvollen Schleier zu legen. Man kann es allenthalben nachlesen: Wien, 10. März 1899. Meine Mutter sagte des öfteren, wenn wieder einmal etwas schief gegangen war: "Ja, Du bist eben am ,Schmerzhaften Freitag' geboren, am Tag der 40 Märtyrer!". Nun, es stimmte auffallend mit dem "Schmerzhaften Freitag", denn Leiden und Schmerzen aller Art haben mich als treue Weggenossen stets begleitet.
Meine Ausbildung in Komposition von 1912-17 leitete der Direktor des Steiermärkischen Musikvereins in Graz, Roderich von Mojsisovics. Die künstlerische Reifeprüfung in Komposition, mit Auszeichnung in allen Fächern, beschloss 1917 mein Studium in Graz.
Ich gab ab 1919 Klavierabende und nach dem großen Erfolg 1921 in der Berliner Singakademie - (Uraufführung meiner "Japanischen Lieder" durch den "Anbruch") - in verschiedenen deutschen und österreichischen Städten Kompositionsabende. Die "Japanischen Lieder" waren ein Wendepunkt insofern, als die Komposition mein Hauptberuf wurde und auch seither immer geblieben ist.
1926-31 führte mich der Wille zu einem erneuten, sehr ernsthaften Kompositionsstudium zu Franz Schreker, dem damaligen Direktor der Berliner Musikhochschule. Bei meinem verehrten Lehrer Schreker wurde ich u. a. besonders zu einem erhöhten Verantwortungsgefühl gegenüber jeder geschriebenen Note erzogen. Ich lernte „ vernichten", ich lernte, dass es wichtiger ist, wegzuwerfen als stehen zu lassen.
Die Selbsteinschätzung der schöpferischen Persönlichkeit - ihre Stärke und ihre Potenz -bedürfen anschließend einer rücksichtslosen Selbstkritik. Aus dieser Zeit stammt meine Gewohnheit, bei jedem Stück genau zu prüfen, ob ich es zum augenblicklichen Zeitpunkt besser machen könnte. Erst bei absoluter Gewissheit, den mir momentan möglichen Entwicklungspunkt erreicht zu haben, wird das neue Opus aus dem Kreislauf des Gesamtorganismus entlassen.
In den meisten und, ich möchte sagen, in entscheidenden Fällen kommt aus der Vision, aus dem Bild die Musik. Sie führt an ihrer Hand die jeweilige Technik. So verschieden wie die Bilder, die mich heimsuchen und erst verlassen, wenn das Werk geschrieben ist, so verschieden sind die Techniken. Es wäre mir auch unmöglich, einer mir vorgesetzten Technik hörig zu sein und mich ihr auf Lebenszeit zu verschreiben.
Der österreichische Bundespräsident ernannte mich mit Entschließung vom 26. April 1958 zum Professor. Es ist dies das erste Mal, dass ein weiblicher Komponist ausschließlich auf Grund seiner Werke den Ehrentitel erhält. Die österreichische Regierung stützte sich dabei auf ein österreichisches Fachgutachten. Als Werke von mir von Wien angefordert wurden, sandte ich insgesamt 12 Werke, u. zw. 4 Orchesterpartituren und 8 Kammermusikwerke an den Präs. der Akademie für Musik Wien, wo sie ein Vierteljahr zur Prüfung benötigt wurden. Offenbar war das abgegebene Fachgutachten positiv, denn meine Angelegenheit kam anschließend vor den Ministerrat und führte weiterhin zur Ernennung durch den österreichischen Bundespräsidenten.
Somit habe ich den augenblicklichen Stand der Dinge aufgezeigt. Von meinen Werken habe ich nichts erzählt, sie sollen für sich selbst sprechen. Ich werde meinen Weg, den ich sowieso in einem schwierigen Alleingang bestehen muss, weiter gehen und versuchen, den Kontakt mit dem Publikum nie aufs Spiel zu setzen und dadurch zu verlieren. Denn oberstes Gesetz für den produktiven Künstler muss wohl sein, das Publikum nicht nur vor Probleme zu stellen, sondern zu versuchen, es auch zu beglücken.