Robert Schollum

Konzertabend  mit einführenden Worten des Komponisten

Ausstellung

Wien 1981, 20S., Ill., Notenbeisp.

 

Inhalt:

Seite:

   

Robert Schollum über sich selbst

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Programmfolge des Konzertabends

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Hartmut Krones: Robert Schollum

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Robert Schollum - Werkverzeichnis

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Die Ausstellung [Bearbeitung Liselotte Theiner]

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Selbstdarstellung:

Ich habe mich - nicht immer freiwillig - bemüht, nicht einseitig zu sein.
Als mein Klavierlehrer am Neuen Wiener Konservatorium, Carl Lafite, der, als ich eintrat, eben auch eine Orgelklasse übernommen hatte, von mir verlangte, auch Orgelspielen zu lernen, wehrte ich mich zunächst und folgte auch nicht sehr begeistert seinem Rat, bei Anton Maria Klafsky Kirchenmusik zu belegen. Heute weiß ich: wer sich nicht bis zur Gregorianik und zumindest der Musik der Renaissance zurückgetastet hat, weiß nicht, was europäische Musik wirklich ist. Nur nebenbei: nach 1945 haben Orgelspiel und Kirchenmusikwissen für etliche Jahre meine Existenzgrundlage gebildet.
Mein Kompositionslehrer Egon Lustgarten (Joseph Marx hat für mich keine besondere Rolle gespielt; trotzdem habe ich mich gefreut, soeben seine wichtigsten Lieder herausgeben und in deren Stil und Wiedergabe mehr, als das sonst üblich ist, einführen zu können) hat mich in das Volkslied ganz Europas (die herrlichen balkanischen Weisen etwa) eingeführt und von den unzähligen Sätzen, die ich im Unterricht anzufertigen hatte, verlangt, dass sie sich stilistisch optimal den Weisen anpassten, was oft einen langen Kampf um eine einzige Note bedeutete. Aber so schulte er mein musikalisches Stilgefühl in jeder nur möglichen Hinsicht. Als mich im Herbst 1959 die Lehrervollversammlung an der Wiener Musikakademie zum neuen Leiter der von Hans Sittner geschaffenen Stilkommission bestellte, verstand ich, worum es ging. Aber wie musste ich mich da ins Musikwissenschaftliche stürzen! Es gelang, und die spätere Freundschaft mit Franz Grasberger hat mir entscheidende Weichenstellungen gegeben, denn daraus ging letztlich meine Gründung der "Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Vokalmusikforschung" hervor, deren erster Kongress "Zur Geschichte des Wort-Ton-Verhältnisses im europäischen Raum" bereits ein voller und folgenschwerer Erfolg war. So reihte sich Stein an Stein.
Aber Lustgarten hatte mich auch zu Bartk und zu der Wiener Schule geführt und mich gelehrt, nicht einseitig zu sein. Das beweist, neben meinen Hauptwerken, die Unzahl der viel gesungenen Volksliedsätze für Chor genauso, wie es die Reihe der für die Inszenierungen Hans Krendlesbergers geschaffenen Hörspielmusiken zeigt. Mein "innerer Klang" lag nie bei den Österreichern; er hatte den gleich mir an einem 22. August geborenen Debussy als Grundlage (Astrologen können darüber nachdenken), Milhaud hinterließ gravierende Züge; die nach 1945 im allgemeinen Nachholbedarf zuerst Hindemith und dann dem Schönbergkreis geltende Blickrichtung war weniger entscheidend. Aber ich verstand dann auf Anhieb Wellesz, und über seinen ausdrücklichen Wunsch schrieb ich seine Biographie, und es entstand eine echte Künstlerfreundschaft. Als mich der Österreichische Komponistenbund für 4 Jahre zu seinem Präsidenten wählte, stand ich fern jeder Einseitigkeit, und das Wissen, das ich mir bei dieser Tätigkeit holte, gibt mir heute die umfassende Grundlage für meine Werkeinführungen im ORF (1980 durfte ich in etwa 80 zeitgenössische österreichische Werke erfolgreich einführen: wann vorher war das, sieht man von der "Modernen Stunde" meines Mödlinger Klassenkameraden Friedrich Wildgans ab, da?). Auch hier reihte sich also Stein an Stein.
Ich habe die Linzer Jahre, die erfolgreich begannen und in einem Meer von Intrigen und schäbigsten Verleumdungen endeten, oft verdammt. Aber sie gaben mir abgesehen von reicher dirigentischer Tätigkeit die Möglichkeit, das organisatorische Können, zu dem mich sechseinhalb Jahre Militärdienst als Zahlmeister (nach dem Feldbataillon und der Verwundung in Russland die Überprüfung der Wirtschaft von rund 150 Lazaretten) gebracht hatten, durchaus zum Vorteil des städtischen Musiklebens anzuwenden, und sie warfen mich in die Arme der Volksbildung; immerhin ist daraus in Linz mein erstes Buch, "Musik in der Volksbildung" und später noch etliches andere in Wien hervorgegangen. In diesen Jahren war es auch, dass der Gesangspädagoge Eduard Rossi mich sehr gegen meinen Willen überredete (er hatte mich als Chorleiter erlebt), bei ihm Gesang zu lernen.

Ich tat das dann 6 Jahre lang gründlich. Am 30. Juni 1959, dem Tag, an dem ich mittags in Linz meine Kündigung zu überreichen entschlossen war, übergab mir morgens bei einer Linzer Sitzung Dr. Hans Sittner, der damalige Akademiepräsident, meine neuerliche Berufung für eine Lied- und Oratorienklasse an der Wiener Musikhochschule (1952 hatte ich idiotischerweise eine erste Berufung abgelehnt) - wie gut tat mir da, bis heute, mein gesangstechnisches Wissen! Aus der Liedklassenarbeit ging über Hofrat Dir. Grasbergers Hinweis mein Buch "Das österreichische Lied des 20. Jahrhunderts" hervor, dem vorher, aus einer meiner vielen Rundfunk-Sendereihen entstanden, "Die Wiener Schule" vorausgegangen war. Nun liegen als Arbeitsaufträge "Die Vokalmusik Alban Bergs" und "Die österreichische Symphonie seit Mahler" vor und eine dreibändige "Liedinterpretation", auf die schon der japanische Verleger wartet; ist vor der Fertigstellung. Vielleicht wird aus der eben laufenden Schulfunkreihe "Das Tonsymbol" ein Schulbuch; es fehlt. - Von wirklichem Misserfolg begleitet waren nur die 11 Jahre, die ich Bundeschorleiter des Arbeitersängerbundes war: die kleinen Provinzvereine waren vehement gegen meine Bestrebungen einer Niveau-Höherhebung. Da gab ich die Arbeit - schade um die viele verlorene Zeit - auf.
Dass ich all das Aufgezeigte und noch Etliches mehr leisten konnte (etwa meine Kritikerjahre), verdanke ich lediglich meinen Lehrern, die mich gelehrt hatten, die Augen offen zu halten und nichts als vergeblich getan anzusehen, wenn es das auch zunächst mitunter erschien. Aber niemand sieht gerne dahinschwinden, woran er in irgendeiner Weise mitgebaut hat. Die Jungen heute sind zu eng, zu spezialisiert, liefern sich zu sehr der Einseitigkeit aus. Ich sehe nur für Details, nicht für mein Gesamtwerk, so viele Lücken es auch hat, Nachfolger. Das bedrückt mich; es wird mir die letzten Stunden meines Lebens zu traurigen machen.