Musikalische Dokumentation

Ernst Ludwig Leitner

Konzert-Gespräch-Ausstellung

Wien 2000, 40 S., Ill., Notenbeisp.

 

Inhalt:

Seite:

   

Programmfolge des Konzertabends

5

Ernst Ludwig Leitner: Einiges über mich

7

Thomas Hochradner: Von der Qualität des Musikalischen Gedankens.
Der Komponist Ernst Ludwig Leitner

11

Ernst Ludwig Leitner – Werkverzeichnis

16

Literatur von und über von Ernst Ludwig Leitner

26

Werke von Ernst Ludwig Leitner auf Tonträgern

28

Die Ausstellung [Bearbeitung Liselotte Theiner]

31

Selbstdarstellung:

Meine Erinnerungen an die Kindheit haben mit Musik zu tun. In der Volksschulzeit waren es die Singstunden, die mir den größten Spaß machten: Wir hatten eine Lehrerin, die, wenn wir sangen, Geige dazu spielte, was in mir ein unbeschreibliches Glücksgefühl auslöste, das damals schon den Wunsch aufkommen ließ, mich mit Musik zu beschäftigen. (Bei den eigenen Kindern kann und konnte ich feststellen, wie vergleichsweise wenig mit ihnen heute in der Schule gesungen wird. Das erfüllt mich mit Sorge). Bald erhielt ich eine Blockflöte. Geld für ein Klavier war wegen eines Hausbaues in der Nachkriegszeit (1949) nicht vorhanden. Das ersehnte Klavier bekam ich erst später von meiner Taufpatin, die meine Eltern immer wieder zu überzeugen versuchte, dass Musiker durchaus auch ein Beruf sein könne. Meine Mutter hat bei allen möglichen Gelegenheiten, vor allem beim Kochen, für das ich mich damals schon interessierte, gesungen: Volkslieder, Strauß- und Lehar-Melodien. Auf der Blockflöte versuchte ich alles, was ich hörte, so gut es eben ging, nachzuspielen. Erste "Kompositionen", aufgeschrieben in "Fingersätzen", entstanden. Anklänge an das, was ich vom Blockflötenunterricht kannte und am meisten liebte: Haydn- und Mozart-Menuette und diverse Spielstücke. Auf mein inständiges Bitten hin, kauften meine Eltern einen Plattenspieler. Die ersten Langspielplatten, an die ich mich erinnere, waren u. a. Mozarts g-Moll-Sinfonie, das Requiem, die Krönungsmesse und Schuberts "Unvollendete".
Warum ich mich schon als Kind zur Kirchenmusik der Wiener Klassik so stark hingezogen fühlte, weiß ich nicht. Die Tatsache, dass ich dann in der Gymnasialzeit nächtelang Musik Anton Bruckners hörte und in der Folge Orgel studierte, hat sicher mit diesen frühen Erfahrungen und Erlebnissen zu tun. Als mich meine Orgellehrerin, Hedwig Ebermann, um 1960 (sie hat viele Orgelwerke von A. F. Kropfreiter uraufgeführt) einmal beim Improvisieren ertappte, stellte sie in der Folge den Kontakt zu Kropfreiter her, bei dem ich dann kurze Zeit Privatschüler war. Er war mit vielem, das ich ihm zeigte, nicht einverstanden, spielte mir aber, anstatt mich in Schranken zu weisen, seine gerade entstandenen eigenen Werke vor. Dies verstärkte meinen Drang zu komponieren nur noch mehr, erweiterte allerdings auch den Horizont der bis dahin selbst erdachten Klänge. Kurze Zeit später hörte ich zum ersten Mal Musik von Olivier Messiaen. Diese Klänge müssen wie Rauschgift auf mich gewirkt haben: Immer wieder versuchte ich auf dem Klavier und auf der Orgel dieser farbigen Musik nachzuspüren. Ein allmähliches Wegkommen von dieser "Sucht" gelang erst durch die Analyse seiner Werke.
Alfred Mitterhofer, dem ich bis zu seinem allzu frühen Tod verbunden war, spielte (1963) meine ersten Orgelstücke Anton Heiller vor, der sich sehr lobend darüber äußerte. Diese Tatsache veranlasste mich, auch J. F. Doppelbauer einige Arbeiten vorzulegen. Er prüfte diese und verordnete daraufhin ein nochmaliges kontrolliertes Harmonielehre- und Kontrapunktstudium, das ich zuvor nur als Autodidakt betrieben hatte. Der entscheidende Satz: "Wenn Sie rasch Erfolg haben wollen, machen Sie so weiter, wenn Sie noch etwas lernen wollen, kommen Sie zu mir."