Selbstdarstellung:
Und es begab sich...
Geboren wurde ich also am 9. September 1936 in Hargelsberg, unweit von
St. Florian. Mein Vater war dort Tischlermeister, spielte in der
örtlichen Blasmusik Klarinette und am Kirchenchor Violine. Meine Mutter
hingegen besorgte den Haushalt. Das war bei neun Kindern und den
Arbeitern in der Tischlerei, die auch mitversorgt wurden, keine
Kleinigkeit!
So verlief meine Kindheit völlig normal. Auffallend war allerdings, daß
ich wenig in des Vaters Werkstatt, dafür an Mutters Herd zu finden war
und sehr häufig im Garten. Das Verhältnis zur Mama war sehr eng (bis zum
heutigen Tag), das zum Vater anderer Art: ich schätzte ihn sehr und
hatte wiederholt Angst, daß ihm etwas zustoßen könnte. Meine Schwester
Pepi (Josefa Ottensamer), Mutter von Ernst Ottensamer (Soloklarinettist
der Wr. Philharmoniker) und mein Bruder Hansl hatten damals bereits
Klavierunterricht, also galt es auch für mich: ran an den Feind! Üben
war meine Sache nicht. Das hatte auf später Zeit! Wiederholt schwänzte
ich meine Klavierstunden und verbrachte diese Zeit vor dem Schaufenster
eines Blumenladens. Meine erste Bekanntschaft mit „Exoten". Die erste
Liebeserklärung an Pflanzen und Blumen - so blieb es bis heute!
Zu meinem Geburtsort Hargelsberg, speziell zu meinem Elternhaus, habe
ich nach wie vor engen Kontakt. Mein Bruder Hans leitet dort seit 30
Jahren den Kirchenchor: genug zu bereden! Küche und Garten meiner lieben
Schwägerin Wetti sind immer ein Anziehungspunkt für mich! Auch die
häufige Anwesenheit meiner Nichte Silvia Kropfreiter ist höchst
anregend! Silvia lebt in Wien, sie ist eine höchst originäre Malerin mit
metaphysischem Gespür. Zweifellos wird ihre Zeit noch kommen. Sehr
bekannt sind bereits ihre Glasfenster. 1948 kam ich ins Bischöfliche
Privatgymnasium Kollegium Petrinum (Linz). Meine schulischen Erfolge
waren sehr unterschiedlich: in Zeichnen, Schönschreiben, Aufsätzen
(Alois Brandstetter und Johannes Lachinger waren Jahrgangskollegen!!)
und natürlich in Musik hatte ich „Primus"-Qualitäten! 1950 wurde Hermann
Kronsteiner Musikprofessor unserer Klasse. Das weckte schlagartig meinen
Ehrgeiz: also - auch komponieren! Meine ersten „Kompositionen" stammen
aus dieser Zeit. In Mathematik, Latein und Griechisch waren meine
Leistungen derart unterschiedlich, daß ich nicht mehr im Petrinum
bleiben wollte. Der Abgang war für mich (nicht für die Professoren) ein
klarer Fall.
1953 trat ich in das Augustiner-Chorherrenstift St. Florian als
Laienbruder ein (heutiger Status: Chorfrater, ergo nicht sacerdos). Den
Verlockungen von Frau „Musika" erlag ich nun vollends. Johann Krichbaum,
damals Stiftsorganist, war mein erster Theorielehrer (sehr streng!).
Meinen Eintritt in das Stift habe ich niemals ernstlich bereut. In
geistlichem Gemäuer, unter einem Dach mit Anton Bruckner zu leben, war
mir immer Ansporn und heilige Verpflichtung. Mein Wirken und Schaffen
war allzeit in Gottes Hand. So gesehen erhält das SDG (Soli Deo Gloria -
allein Gott zur Ehre), das am Ende jedes meiner Werke - obgeistlich oder
weltlich - steht, seine tiefere Bedeutung.
1955/56: Brucknerkonservatorium Linz (Helmut Eder).
Einmalig ist wohl allerdings, daß ich ab 1954 von Professor Walter Pach
Orgelunterricht bekam. Er ist somit mein einziger Orgellehrer.
1956 Akademie für Musik und darstellende Kunst Wien. Als herausragende
Professoren muß ich unbedingt erwähnen: Walter Pach (Orgel), Dr. Franz
Kosch (gregorianischer Choral), Dr. Hans Gillesberger, "Gilles" genannt
(Dirigieren), Dr. Ernst Tittel (Komposition). Tiefste Kenntnisse und
Erkenntnisse (sie öffnete mit die Augen) schöpfte ich im Unterricht von
Professor Hilde Seidlhofer. Höchste Wertschätzung - auch ganz
allgemeiner Art - nahmen damals den Anfang, so ist es bis heute
geblieben. Ausdrücklicher Erwähnung bedarf auch meine Beziehung zu Anton
Heiller. Ich war zwar nie sein Schüler. Er wurde aber mein
kompositorischer Berater; auch nur kleinste Hinweise
waren mir Gebot. Tiefste Verehrung und edelste Freundschaft bis zu
seinem allzufrühen Tod ergaben sich daraus. Besonderer Hinweise auf das
nun Folgende bedarf es nicht mehr, ich kann es als weitgehend bekannt
voraussetzen.
1960 als bester Absolvent meines Jahrganges: Abgangspreis des
Unterrichtsministeriums; in diesem Jahr wurde ich auch Stiftsorganist
und somit einer der Nachfolger Anton Bruck-ners. Lehrtätigkeit bei den
Florianer Sängerknaben. 1965 Regens Chori (Leiter des Stiftschores). Die durch drei Jahrzehnte intensive
Konzerttätigkeit (Europa, Japan und Südamerika) habe ich zugunsten des
Komponierens nach und nach fast eingestellt, nicht allerdings die
Improvisation: sie ist mir wertvollster Lebensquell und vielfach
Inspiration für manche Komposition. Die Palette meines Schaffens wurde
immer variabler: außer Oper und Ballett umfaßt sie sämtliche Gattungen.
Fast fünf Jahrzehnte lebe ich nun im Stift St. Florian mit seiner
unvergleichlichen Atmosphäre. Anregung und Inspirationsquelle, die
unaufhörlich sprudelt! Diese lange Zeit brachte es mit sich, daß ich
vielen bedeutenden Persönlichkeiten auf den Gebieten der Kunst und des
Geisteswesens nähertreten durfte. Ausdrücklich erwähnen möchte ich meine
enge Freundschaft mit Eugen Jochum. Daß er darüber hinaus immer meine
Meinung über Brucknerinterpretation zu erfahren wünschte, gereicht mir
zu größter Auszeichnung. Von Dr. Leopold Nowak konnte ich manche
Aufschlüsse über die Arbeitsweise von Anton Bruckner aus berufener Hand
erfahren. Nach einer Aufführung der e-Moll-Messe von Bruckner sagte er
zu mir die denkwürdigen Worte: "Gratulieren tu ich nicht. Das war nicht
nur eine sehr beachtliche Aufführung, es war vielmehr ein Gebet." Nicht
hinzuzufügende Erwähnung, sondern Herzenssache bedeutet für mich Hilde
Seidlhofer! Sie war meine Klavierlehrerin an der Akademie in Wien.
Darüber hinaus war sie eine exzellente Pädagogin in verschiedenen
Kunstbereichen. Selbst früher ausgezeichnete Organistin, verstand sie
es, den betreffenden Schüler vom Klavier zur Orgel zu führen. Als selbst
Vielgereister verdanke ich ihr wertvollste Hinweise für meine Reisen in
Nah und Fern. Vieles wäre noch erwähnenswert. Geblieben ist bis heute
eine beglückende Mutter-Sohn-Beziehung. SDG |