Selbstdarstellung:
Als Musiker bin ich aufgewachsen, und da mir ein Instrument zu wenig
gab, kamen andere dazu. Das war immer noch zu wenig, um mi! Musik, nicht
davon, leben zu können.
Also fing ich an zu schreiben. Erst für mich Brauchbares am Klavier,
inspiriert von der Umwelt im Musischen Gymnasium. Kurt Thomas war mein
erster Kompositionslehrer, aber ich hatte überhaupt keine Beziehung zur
Kantorei, aus der er kam. Weit einflußreicher war für mich die
Bekanntschaft mit der Person Hugo Distier und seinen Werken. Er war
"Freidenker" wie ich, und sein Lebensende hat mich derart berührt, daß
ich meiner bisher eher belanglosen Schreiberei ein Ende setzte.
Von diesem Augenblick war ich mir bewußt, daß auch ein Komponist eine
Aufgabe hat, die nicht nur darin bestehen kann, irgendein Notengefüge zu
erstellen oder ein spezifisches System zu verfolgen. Musik muß eine
Botschaft sein, deren Wert nur daran gemessen werden kann, wie weit
diese Botschaft empfangen wird. Dabei spielt die Anzahl der verstehenden
Empfänger keine Rolle, es bedarf nur weniger und es ergibt einen Sinn.
Meine eigene Überzeugung war stets maßgeblich und nicht die, in die mich
mancher Kritiker hineinpressen wollte.
Aus praktischen Erwägungen ist es immer von Vorteil, wenn man sich
einordnen läßt; es schien mir eben nicht wichtig, meine Beweggründe zu
manifestieren.
Wesentlich dabei unterstützt hat mich H. Scherchen, der mir einen
Auftrag verschaffte mit der Auflage: "Stellen Sie den Interpreten
Aufgaben, fordern Sie sie auch mit mehr als einer
Noten-lesebeschäftigung heraus; es überträgt sich auf den Zuhörer".
-
Lange Zeit danach bekam ich die Bestätigung, daß ich doch ein Komponist
bin. Dank der Drucklegung und der damit verbundenen Verbreitung meiner
Werke erfuhr ich von mir unbekannten Interpreten und Ensembles, zu
welchen Anlässen diese Werke aufgeführt wurden.
Aufnahmen in das Repertoire von sogenannten Hausmusiken haben mich
ebenso erfreut wie die Verwendung einzelner Sätze bei Rezitationsabenden
wider den Krieg.
Mir war daher die Beibehaltung eines Stiles oder die Befolgung eines
modischen Trends von unwesentlicher Bedeutung. Immer wenn ich ein
sogenanntes Erfolgsstück zuwege brachte, änderte ich meinen
stilistischen Kurs; das verleitete mich zu einer Aussage, daß Stilbrüche
in meinen Arbeiten einkalkuliert sind. Ich handelte mir den Vorwurf
eines Selbstzweckes ein.
Diesen Vorwurf und noch viele andere muß ich mir deshalb gefallen
lassen, weil ich nie soviel über meine kompositorische Arbeit ausgesagt
habe wie in dieser Niederschrift zum speziellen Anlaß.
Als Entschuldigung mag gelten, daß ich mich kraft meiner sonstigen
Betätigung lieber für die Belange von Kollegen einsetzte und nie
außerhalb der Tagesereignisse stehen wollte.
Die Umwelt war schon immer für mich eine Herausforderung. Sich niemals
ihr anzupassen, schien mir von größerer Bedeutung, als persönlich
erfolgreich zu sein.
|