Selbstdarstellung:
Warum schreibe ich Symphonien? Nicht, weil ich die Umwelt unbedingt
beglücken möchte, sicher auch nicht für die Ewigkeit. Ich glaube, es
macht einfach Freude, Symphonien zu schreiben. Die Symphonie nimmt für
den Komponisten die Position ein, die der Roman in der Literatur
besitzt. Belohnt wird der immense Arbeitsaufwand durch die Freude und
innere Genugtuung, die sich einstellt, nachdem man den letzten Takt
geschrieben hat.
Natürlich denke ich beim Komponieren auch schon ein wenig an das
Publikum, und vermutlich werde ich dadurch (vielleicht nur unbewußt)
auch in der Schaffensweise beeinflußt.
Wann begann ich, Symphonien zu schreiben? Nachdem ich eine eigene
Sprache gefunden hatte (wie das so schön heißt) oder zumindest eine, in
der ich mich wohlfühlte, in der ich mich nicht verstellen, nicht den
jeweiligen Modetrends anpassen mußte. Ob ich damit „modern" bin, kümmert
mich - offengestanden - herzlich wenig. In der langen Wartestellung weiß
ich mich übrigens eins mit zwei oberösterreichischen
Komponistenkollegen, nämlich mit Balduin Sulzer, der ebenfalls in den
Vierzigern war, als er seine Erste Symphonie schrieb, und mit Augustinus
Franz Kropfreiter, der sich auch erst allmählich über eine
Streichersymphonie und eine Sinfonia concertante zum symphonischen
Erstling vortastete. Ob da nicht für uns alle das Vorbild Bruckners
erdrückend wirkt?
Selbstverständlich schrieb ich vor der Ersten Symphonie schon
Orchesterwerke, u. a. ein in Zwölftontechnik komponiertes Ballett und
drei Konzerte für Kammerorchester. Ich suchte darin - ähnlich wie in
zahlreichen Kammermusikwerken - meine persönliche „Note“ (in des Wortes
ureigenster Bedeutung), wollte mich von meinen Lehrern abnabeln, war
bestrebt, ich selber zu sein, um dann in einer Symphonie, vor der ich
einen heillosen Respekt hatte, eine eigenständige Aussage machen zu
können. Eigentlicher Anlaß zur Abfassung meiner Ersten Symphonie war der
Auftrag des Landes Oberösterreich, zum Bauernkriegsgedenkjahr 1976 eine
Symphonie, also eine „Bauernkriegssymphonie“, zu schreiben, sowie Helmut
Eder eine „Bauernkriegsoper" aus diesem Anlaß komponierte. Eine
programmatische Deutung ist dabei möglich, für den Hörer wahrscheinlich
auch hilfreich (man erinnert sich an Bruckners Vierte, doch ist diese
Symphonie genauso absolute Musik wie die Zweite, die frei von
programmatischen Ideen konzipiert wurde und trotzdem ein gleiches oder
zumindest ähnliches Vokabular verwendet.
Apropos „Zweite“: Vor drei Jahren gehörte ich in Triest einer Jury an,
deren Vorsitz Wolfgang Fortner hatte. Es waren etwa hundert
Orchesterwerke aus aller Welt eingereicht worden, die wir nun zu
beurteilen hatten, darunter zahlreiche „Erste Symphonien“. Eines Tages
sagte Fortner zu mir: „Es ist eigenartig, wie viele Komponisten ,Erste
Symphonien' schreiben, wo sie doch gar nicht wissen, ob sie je zu einer
zweiten kommen werden!“ Ich hatte zu dieser Zeit auch erst eine Erste
Symphonie – Man kann sich vorstellen, wie erleichtert ich war, als die
Zweite fertig war!
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